Deutschland will Wasserstoff aus der Wüste

Christian Schaudwet

von Christian Schaudwet

veröffentlicht am 25.11.2019

Bei ihren Plänen für CO2-neutralen Wasserstoff setzt die Bundesregierung auf Importe aus dem sonnenreichen Süden. Marokko signalisiert Interesse. Bis zur ersten Lieferung könnte es allerdings lange dauern. Vorrang hat für das Königreich erst einmal die Selbstversorgung.

Die Bundesregierung will im Dezember ihre mit Spannung erwartete Strategie für eine klimafreundliche Wasserstoffwirtschaft vorlegen. Jüngste Äußerungen aus der schwarz-roten Koalition deuten darauf hin, dass es sich bei dem Papier im Wesentlichen um eine Importstrategie handeln wird. Grüner Wasserstoff soll aus sonnenreichen Ländern Südeuropas, Nordafrikas oder aus dem Nahen Osten eingeführt werden, blauer Wasserstoff aus Erdgas könnte aus Norwegen oder Russland kommen. Wasserstoff aus dem Ausland begeistert die Energieplaner, er soll Deutschland helfen, seine Klimaziele zu erreichen – ganz ohne Koalitionsstreit über Mindestabstände und ohne besorgte Bürger wie bei der Windenergie.

Die grüne Variante wird per Elektrolyse mithilfe von Solar-und Windstrom gewonnen (Power-to-Gas/Power-to-X). Unter den möglichen Lieferanten profiliert sich bisher vor allem das stabile Marokko. Dort sind Ausschreibungen für Pilotanlagen mit Beteiligung ausländischer Unternehmen in vollem Gange. An Bord sind bereits die Fraunhofer-Institute für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (Halle) und für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik (Stuttgart). Sie und das Fraunhofer Institut für Innovation und Systemforschung (München) stehen seit Längerem in Kontakt mit dem marokkanischen Forschungsinstitut für Solar- und Erneuerbare-Energien (Iresen). Bei Iresen in der Hauptstadt Rabat laufen die Fäden für die Power-to-X-Forschung des Landes zusammen.

Badr Ikken, der Generaldirektor des Iresen, ist optimistisch, dass die deutsch-marokkanischen Gespräche Früchte tragen: „Ich habe den Eindruck, dass in Deutschland Interesse an einer wirklich gemeinsamen Entwicklung besteht“, sagte er im Gespräch mit Tagesspiegel Background. Ikken, der in Deutschland Maschinenbau studiert und danach unter anderem für ein Fraunhofer-Institut gearbeitet hat, nimmt am heutigen Montag neben anderen Vertretern Marokkos am „Desert Energy Leadership Summit“ in Berlin teil. Veranstalter ist die Agentur Dii DesertEnergy, die aus dem einstigen Desertec-Konsortium hervorgegangen ist. Desertec hatte sich in den Nullerjahren den Import nordafrikanischen Solarstroms zum Ziel gesetzt, doch viele der anfangs beteiligten Unternehmen verloren angesichts der Komplexität und Langwierigkeit des Vorhabens das Interesse.

Aus den Fehlern von Desertec lernen

Ikken blickt kritisch auf diese Zeit zurück: „Der Fehler war, dass man nur über den Export des Stroms sprach. Dabei brauchte Marokko damals so dringend Strom, dass es ihn oft aus Europa importieren musste.“ Desertec habe neben seriösen Akteuren auch viele Opportunisten angezogen, „die nur schnell Geld verdienen wollten“, sagte Ikken. Daraus müsse man für die Perspektive einer Power-to-X-Kooperation lernen: „Wir müssen einen gesunden, nachhaltigen Rahmen schaffen, in dem die wirtschaftlichen und sozialen Interessen von Marokko ebenfalls vertreten sind.“

Dem Königreich geht es beim ersten Power-to-X-Pilotprojekt „Green H2A“, das in einem bestehenden Industriepark angesiedelt und von Fraunhofer-Instituten begleitet werden soll, vor allem um Wasserstoff für die Produktion von Ammoniak. Der marokkanische Phosphatverarbeiter OCP ist einer der weltgrößten Hersteller von Düngemitteln und benötigt riesige Mengen von Ammoniak, die er bisher importieren muss. Das gasförmige Vorprodukt wird aus Wasserstoff und Stickstoffhergestellt. Nahziel der gerade entstehenden „Power-to-X-Roadmap“ Marokkos und der dafür zuständigen Kommission ist es, OCP mit Ammoniak aus heimischer Produktion zu versorgen, dessen Wasserstoffanteil per Power-to-X gewonnen wird. Auch eine Methanol-Produktion auf Grundlage von Power-to-X ist im Gespräch. An einen Export von Wasserstoff nach Europa denken die Marokkaner erst mittel-bis langfristig.

Die notwendigen Grünstromkapazitäten baut das Land gerade auf – unter anderem mit Unterstützung der deutschen Förderbank KfW. Im Jahr 2016 ging das solarthermische Kraftwerk Noor Ouazarzate in Betrieb – mit einer Leistung von 510 Megawatt ist es eine der größten CSP-Anlagen der Welt (Concentrated Solar Power). „Das große Solarprojekt Noor Ouazarzate und einige Windprojekte – wir haben jetzt Erfahrung mit grüner Stromerzeugung“, sagte Iresen-Chef Ikken. Nun mache sich Marokko bereit für Power-to-X. Die Preise für Wind- und Solarstrom sänken weiter – „Wenn sie bei zwei Cent pro Kilowattstunde sind, wird es sehr interessant für die Wasserstoffproduktion.“

Per Pipeline durchs Mittelmeer

Marokko, das seinen Strombedarf bisher zum größten Teil noch aus Kohle, Gas und importierter Elektrizität deckt hat, will bis zum Jahr 2030 einen Erneuerbaren-Anteil von mindestens 52 Prozent in seinem Netz erreichen. Zugleich, sagte Ikken, biete das Land gute Bedingungen für den Betrieb von Elektrolyseuren. Mit vergleichsweise konstanter Stromerzeugung aus Erneuerbaren dank starker Sonneneinstrahlung und stetiger, kräftiger Winde ließen sich solche Anlagen mit einem hohen Auslastungsgrad betreiben.

Als mögliche Wasserstoff-Lieferländer in der sogenannten Mena-Region (Middle East North Africa) gelten unter Experten auch Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate, wo Siemens zur Weltausstellung Expo 2020 in Dubai einen Elektrolyseur aufstellen soll. Sogar Saudi-Arabien zeige Interesse, heißt es. Der Ölstaat will mit dem Börsengang seines Ölkonzerns Saudi Aramco unter anderem die Technologiestadt Neom finanzieren, in der auch eine Wasserstoff-Infrastruktur Platz haben könnte.

Auch zum Transport der begehrten grünen Moleküle von Nordafrika nach Europa gibt es bereits Überlegungen: Die niederländischen Energiexperten Ad van Wijk (TU Delft) und Frank Wouters (Dii Desert Energy), die an der heutigen Dii-Konferenz in Berlin teilnehmen, schlagen in ihrer Studie „Hydrogen – the Bridge between Africa and Europe“ vor, bestehende Erdgaspipelines durchs Mittelmeer für den Transport von Wasserstoff umzurüsten und gegebenenfalls zusätzliche Leitungen zu legen. Das sei kostengünstiger als ein Transport per Tankschiff. In diesem Szenario führen die Unterseeleitungen den Wasserstoff zunächst nach Südeuropa – Deutschland läge aus nordafrikanischer Sicht demnach eher an der Peripherie eines solchen Wasserstoffnetzes.

Ammoniak-Produktion hat Priorität

Dennoch ist das Interesse hierzulande groß: „Die Bundesregierung hat das Potenzial relativ früh erkannt – nicht nur aus Gründen der Energieversorgung, sondern auch, weil es Perspektiven für deutsche Unternehmen bietet“, sagte Iresen-Chef Ikken. Schon vor Jahren hat Deutschland Energiebande mit Marokko geknüpft. Seit 2012 besteht die bilaterale Energiepartnerschaft „Parema“, die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) koordiniert wird. Eines der Themen von Parema ist Power-to-X. Dies sei „insbesondere bei der deutschen Energieindustrie hinsichtlich möglicher Importchancen auf großes Interesse“ gestoßen, heißt es dazu bei der GIZ.

Auch das Fraunhofer Institut für Innovation und Systemforschung (ISI) setzt große Hoffnungen in Marokko. Es hat das Power-to-X-Potenzial des Landes analysiert: „Zwei bis vier Prozent der weltweiten Nachfrage nach PtX – ein Markt von 100 bis 680 Milliarden Euro im Jahr 2050 – könnten von Marokko gedeckt werden“, sagte der zuständige Fraunhofer-ISI-Projektleiter Wolfgang Eichhammer bei der Vorstellung einer entsprechenden Studie im September. Besonders großes Potenzial habe Marokko für Power-to-X zur Ammoniak-Produktion für Eigenbedarf und Export.

Letzteres allerdings dürfte von der Bundesregierung kritisch gesehen werden. Denn falls Marokko sich beim Aufbau einer Power-to-X-Industrie tatsächlich auf die Produktion und den Export des margenträchtigeren Ammoniaks konzentriert, bliebe weniger Wasserstoff übrig, den das Land nach Deutschland exportieren könnte.

Ohnehin: Gemessen an der Häufigkeit, Dringlichkeit und Selbstgewissheit, mit der deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter derzeit für einen strategischen Wasserstoffimport aus dem sonnenreichen Süden argumentieren, mutet der Entwicklungsstand einer möglichen Exportstruktur in Marokko und anderswo in der Mena-Region noch embryonal an. Ein Erneuerbaren-Experte in Abu Dhabi drückt es so aus: „Bisher sind alle nur am studieren.“

Origineel verscheen eerder op: http://background.tagesspiegel.de/energie-klima/deutschland-will-wasserstoff-aus-der-wueste

Conferentie Bits, Bricks & Behaviour 2019

Ieder jaar organiseert de Nederlandse Branchevereniging voor Gebouw Automatisering de conferentie Bits, Bricks & Behaviour. Het doel van de conferentie is om de ontwikkelingen binnen gebouw automatisering aan te kaarten en om eindgebruikers met leveranciers van producten/diensten in contact te brengen.

Gebouweigenaren, vastgoedbeleggers/-investeerders, projectontwikkelaars, directies en facility managers worden uitgenodigd om kennis met elkaar te delen en besef te creëren over de mogelijkheden voor een duurzamer Nederland.

Tijdens deze conferentie gaf ik een lezing over de rol van waterstof in de energietransitie, hieronder de podcast, het artikel, en de handouts.

‘Waterstof speelt vooraanstaande rol bij energietransitie’

30 september 2019 door FHI Gebouw Automatisering

Nu de regering concrete klimaatplannen en –doelen heeft opgesteld, is de energietransitie in Nederland in een hogere versnelling gezet. Waterstof speelt bij de omslag naar een duurzame energievoorziening een vooraanstaande rol, ook in de gebouwde omgeving, zegt Ad van Wijk, duurzame energieondernemer en deeltijd Professor Future Energy Systems aan de TU Delft.

Ad van Wijk
Ad van Wijk

Tijdens het aankomende Bits, Bricks & Behaviour conferentieprogramma op 5 november zal Ad van Wijk zijn visie op de rol van waterstof voor onder andere ruimteverwarming toelichten. Maar over een ding is de professor glashelder: waterstof heeft in zijn ogen een aantal voordelen ten opzichte van (groene) elektriciteit. Maar beide heb je nodig . Hij legt uit: “Waarom is waterstof in het energiesysteem belangrijk? Het korte antwoord: het is een energiedrager, net als elektriciteit, maar het is veel goedkoper te transporteren. Door een pijplijn waterstof pompen is goedkoper dan stroom door een kabel. En je kunt een veel groter energievolume goedkoop opslaan. Dat is van groot belang voor seizoensopslag.”

Juist de mogelijkheden voor seizoensopslag maakt waterstof voor de gebouwde omgeving – een sector waarin tijdens het maken van de Nederlandse klimaatplannen een aparte ‘klimaattafel’ voor was ingesteld – een groot pluspunt: “We gebruiken in de gebouwde omgeving voor onze verwarming in de winter nu eenmaal veel meer aardgas dan in de zomer. Dat is nu al een uitdaging: ieder uur van de dag pompen we eenzelfde hoeveelheid aardgas uit de aardbodem. Daarom slaan we vooral in de zomer aardgas op in grote zoutkoepels om dit in de winter te kunnen gebruiken.”

En deze al bestaande buffering biedt volgens Van Wijk uitstekende mogelijkheden voor de energietransitie: “Als je uitsluitend met elektrische warmtepompen aan de slag gaat, zal je in de winter veel meer stroom nodig hebben. Hoe los je dat op? Het waait wel iets meer in de winter, maar de opbrengst uit zonne-energie is in die periode veel minder. Batterijen zijn momenteel alleen goed voor dag/nacht opslag, of misschien tot een week. Waterstofopslag in zoutkoepels is een veel goedkopere oplossing voor seizoensopslag. In een zoutkoepel kun je zo’n 6.000 ton aan waterstof opslaan, dat is ongeveer gelijk aan 17 miljoen thuisbatterijen van 14kWh elk. Een installatie bij een zoutkoepel kost zo’n 100 miljoen Euro, maar die batterijen kosten 24 miljard Euro Seizoensopslag met waterstof is dus veel goedkoper.”

‘Combineer elektriciteit en waterstof’

Maar volgens de waterstofkenner zijn er meer voordelen, vooral door elektriciteit en waterstof op een slimme wijze te combineren. Dat kan met name nuttig zijn in oude binnensteden: “Een gemiddeld huis heeft een aansluiting op het gasnet en een aansluiting op het elektriciteitsnet. Het aansluitgemiddelde ligt voor stroom op 3kW en voor aardgas op 30kW. Het aardgasnet ligt er al en kan vrijwel probleemloos voor waterstof worden gebruikt. Als je het hebt over het aanbrengen van een versnelling in de energietransitie, dan is het ook verstandig om tijdens de piekvraag warmte te produceren met een ander gas, waar geen CO2 in zit. Denk aan een hybride warmtepomp/waterstofketel-oplossing. De basislast doe je op elektriciteit met de warmtepomp. Als het heel koud is gebruik je de waterstofketel. Zo is het minder snel noodzakelijk om het elektriciteitsnet enorm te verzwaren.”

Ondanks de potentiële voordelen van waterstof is het voor de duurzaamheidsdoelstellingen richting 2030 (49% minder CO2-uitstoot ten opzichte van 1990) en 2050 (Een CO2-reductie van 95 procent) wel essentieel dat de waterstofproductie zelf vergroend wordt. Van Wijk: “We gebruiken waterstof al heel veel in de chemie en petrochemie. Maar dat is grijze waterstof, gewonnen uit aardgas. In de toekomst wil je waterstof maken zonder CO2-uitstoot. Je kunt de CO2 afvangen, , en deze ondergronds opslaan in een leeg gasveld. Dan heb je blauwe waterstof. Uiteindelijk wil je groene waterstof opwekken uit duurzame bronnen. De grootste bijdrage zal behaald moeten worden door het produceren van waterstof uit zon en wind elektriciteit.“

Toch moeten we niet de verwachting hebben dat we met alle Nederlandse verduurzamingsplannen onze huidige energiehonger kunnen stillen, zegt de professor: “In Nederland kunnen we niet aan onze volledige energievraag voldoen door dit zelf duurzaam op te gaan wekken. Daar is ons land te klein voor. Dus we moeten heel veel duurzame energie gaan importeren. Bijvoorbeeld door in de Sahara of Australië heel veel zon en wind te bouwen, waardoor waterstofproductie relatief goedkoop is. Deze energie kun je per pijpleiding transporteren of als vloeibare waterstof per schip vervoeren. Dit is veel goedkoper dan wanneer je het in de vorm van elektriciteit via kabels gaat vervoeren.”

Hij vervolgt: “Als je toch geheel onafhankelijk wil zijn, dan moet je accepteren dat we nog veel meer zonnepanelen en windmolen op land gaan plaatsen en dat energie veel meer gaat kosten. Maar de mijnen in Limburg zijn ook dichtgegaan omdat de import van kolen uit Zuid-Afrika goedkoper bleek.”

Klimaatakkoord: positief en negatief geladen

Van Wijk is naar eigen zeggen zeker niet ontevreden over de plannen van het kabinet om het fossiel ingestelde Nederland in enkele decennia om te toveren tot een voorloper in groene energie: “Waterstof wordt benoemd in het klimaatakkoord. Het is hoger op de agenda gekomen, maar nog niet op het niveau waar het moet zijn. In het plan voor de gebouwde omgeving lees ik dat waterstof pas na 2030 komt, dat is te laat.”  En hij noemt nog een kritiekpunt: “De politiek kijkt nu toch wel erg binnen de Nederlandse grenzen. Er staat geen enkele paragraaf over wat er buiten ons land gebeurt. Dat is toch wel kortzichtig te noemen.”

Hij pleit daarom voor een sprong vooruit, mede door de goede uitgangspositie van ons land, een pleidooi dat FHI eerder kon optekenen uit de mond van Ruud Koornstra tijdens WoTS 2018. Volgens de professor komt er door de versnelde afbouw van de aardgaswinning snel capaciteit vrij op het leidingennetwerk, zorgt de gasrotonde voor mogelijkheden tot import en export van waterstof en zal de bouw van offshore windparken de productie van groene waterstof kunnen aanjagen.

En, niet onbelangrijk, vrijwel alle benodigde technologie is beproefd en direct voorhanden: “Elektrolysers en zoutkoepels voor productie en opslag van waterstof bestaan al tientallen jaren. Dat is niks nieuws, net als het vloeibaar maken van waterstof. Daarmee schieten we onze rakketten de lucht in. Het probleem is dat het om een systeemverandering gaat. Dat werkt alleen als de nationale overheid een stevige regie voert over hoe we dat gaan doen.”

Door: Dimitri Reijerman

Download hier de handout van de presentatie.